Eine Verabschiedung mit den Worten „Lebe wohl!“ hat dem Ursprung nach eigentlich einen durch und durch frohen und positiven Kern. Doch oft genug verstehen wir ein Lebewohl auch als Abschied für immer.
Allen Senioren-Assistenten ist bewusst, dass im Alter eines Menschen ein plötzlicher Unfall (zum Beispiel ein Sturz) oder eine Krankheit ganz schnell zu einem lebensbedrohenden Umstand werden kann. Dies möglichst zu verhindern ist ebenso Teil unserer Ausbildung wie eine umsichtige und professionelle Begleitung, wenn ein solcher Fall eintritt.
Um so schwerer fällt es, wenn sich der Gesundheitszustand so weit und unumkehrbar verschlechtert, dass mit einem baldigen Tode gerechnet werden muss. Trotz meiner speziellen Schulungen in der Palliativ- und Sterbebegleitung kann ich persönlich nicht unberührt bleiben, wenn ein lieb gewonnener Mensch stirbt. Einem professionellen Umgang gegenüber den beteiligten Personen, der absoluten Vorrang hat, steht die eigene, stille Trauer entgegen.
Vor einigen Wochen wurde ein von mir betreuter Herr durch einen vergleichsweise harmlosen Infekt derart umgeworfen, dass aufgrund seiner vorhandenen Immunschwäche nur noch Intensivmedizin ein Fünkchen Hoffnung auf eine Genesung gegeben hätte. Dies hatte er jedoch ausdrücklich durch eine Patientenverfügung für sich ausgeschlossen.
Schwer genug war es für die Angehörigen, diese Verfügung zu akzeptieren und in seinem Sinne durchzusetzen. Dennoch stellte es sich nachträglich für alle als große Erleichterung heraus, hierüber beizeiten klare Regelungen getroffen zu haben.
Darüber hinaus war ich jedoch ausdrücklich willkommen, mich noch zu Lebzeiten würdevoll an seinem Krankenbett verabschieden zu dürfen, seine Hand zu halten, ihm ganz allein meine Abschiedsworte zuzuflüstern. Ebenso wurde ich später dazu eingeladen, nach seiner anonymen Beisetzung im Rahmen eines privaten Gedenkens mit Familienangehörigen und Freunden persönliche Erinnerungen und Erlebnisse zu teilen. Obwohl ich ihn „nur“ während seines letzten Lebensjahres begleitet hatte, richteten sich dabei immer wieder viele Fragen nur an mich.
Es ist somit auch für mich ein ganz besonderes und unvergessliches „Lebewohl“ geworden.